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Das Herrenberg Urteil – ein Todesstoß für die Kulturelle Bildung?

2022 fällte das Bundessozialgericht ein Urteil, das als sog. Herrenberg-Urteil nun seine Auswirkungen zeigt und an medialer Aufmerksamkeit gewinnt. Das Gericht hatte darin einer Musikschullehrerin, die als freie Mitarbeiterin mit Honorarverträgen an der Musikschule in Herrenberg tätig war, ihren Status als Selbständige abgesprochen und sie als abhängig Beschäftigte eingestuft, unter anderem weil sie weisungsgebunden in den Musikschulbetrieb eingegliedert gewesen sei und kein Unternehmerrisiko getragen habe. Die Schule bzw. die Stadt Herrenberg musste für sie Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen. Dies droht nun auch vielen anderen Musik- und Kunstschulen, denn die Deutsche Rentenversicherung prüft nun nach und nach den Status anderer Selbständiger, die in irgendeiner Form lehrend oder unterrichtend tätig sind. So sehr man auch begrüßen mag, dass damit Scheinselbständigkeit unterbunden und Selbständige im besten Fall die Sicherheit eines/r Angestellten erhalten, so wenig ist das Urteil praxistauglich. Vielen Schulen wird es finanziell nicht möglich sein, die freien Mitarbeitenden einzustellen, und auch die freie Honorartätigkeit ist nun massiv in Frage gestellt, und so ist zu befürchten, dass viele Kursangebote wegfallen und/oder die Gebühren ansteigen. Anders als vielleicht im Bereich der Musik bieten bildende Künstler:innen Kurse häufig ergänzend zur freiberuflichen freien Arbeit an und nutzen diese als zusätzliche Einkommensquelle, sind aber überwiegend als freie Unternehmer:innen tätig und wünschen sich gar keine Festanstellung.
Aktuell scheint es keine rechtssichere Gestaltung von Honorarverträgen im Lehrkontext mehr zu geben (ausgenommen von sehr geringfügigen Beschäftigungen mit 1-2 Unterrichtseinheiten in der Woche); die freiberufliche Kurs-Arbeit, sei es als Ganztagsangebot an Schulen, als Kurse an Kunstschulen oder auch bei Projekten des Programms „Kultur macht stark“, ist damit gefährdet.
Der Landesverband Bildende Kunst Sachsen berät sich aktuell mit anderen Verbänden und Kulturpolitiker:innen, damit schnellstmöglich Rechtsicherheit geschaffen und ein für alle Betroffene möglichst guter Umgang mit dem Urteil gefunden werden wird.

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